Die Gärten von Hellbrunn Die Geschichte des Schlossparks

Hellbrunn ist ein einzigartiges Gesamtkunstwerk manieristischer Prägung und wird durchaus zu Recht als eine “Wunderkammer der Gartenarchitektur” bezeichnet, deren letzte Geheimnisse bisher nicht gelüftet sind. Diese Vielfältigkeit macht die große Attraktivität der Gesamtanlage auch heute noch aus. Hellbrunn ist ein wichtiges Naherholungsgebiet der Salzburger Bevölkerung. Sportler*innen und Promenierer*innen finden die Parkanlage gleichermaßen attraktiv, da sie die jeweils notwendigen Raumqualitäten vorfinden.

Der Salzburger Fürsterzbischof Markus Sittikus wurde 1612 in sein Amt gewählt. In seiner nur siebenjährigen Regierungszeit entwickelte er eine rege Bautätigkeit. Unmittelbar nach seiner Wahl dürfte er sich für die Errichtung einer eigenen “villa suburbana” nach italienischem Vorbild entschieden haben. Im Juni 1613 wurde mit den Bauarbeiten begonnen. Der Architekt war der Italiener Santino Solari, der auch mit dem vom Salzburger Kapitel geforderten Neubau des Domes beauftragt wurde.

Auf dem weitläufigen Grundstück, das 60 Hektar groß ist, wurde schon im April 1615 das Schloßgebäude fertiggestellt. Im Dezember 1616 sind dann das Schlößchen Belvedere, der Kreuzweg mit Kapellen und Eremitorien sowie das Steintheater am Hellbrunner Berg vollendet worden. Eine erste, umfassende Ansicht von Hellbrunn befindet sich im Hintergrund eines Markus-Sittikus-Porträts, das dem Donato Mascagni zugeschrieben wird. Diese Darstellung kann als das wichtigste Dokument zur Geschichte der Anlage angesehen werden, da es auch als einziges während der Erbauungszeit entstanden ist und sonstige Bauakten vollständig fehlen. Im November 1619 sind die Bauarbeiten schließlich abgeschlossen. Sie fallen fast deckungsgleich mit dem Tode des Bauherrn Markus Sittikus am 8. Oktober 1619 zusammen.

Ein 1630 datierter anonymer Stich aus der Zeit von Erzbischof Paris Lodron führt den ganzen Komplex von Hellbrunn in seiner ursprünglichen Gestalt vor. Der Stich von Merian in der “Topographia Bavariae” aus 1644 zeigt eine Ansicht des Schloßgebäudes und des Lustgartens und lehnt sich an die rechte Hälfte des Planes von 1630 an. Der Merianstich übernimmt im wesentlichen die Fehler des anonymen Übersichtsplanes aus 1630. Der Übersichtsplan von Stefan Müllner zeigt den Zustand um 1776. Während sich innerhalb der Gartenanlage nichts verändert hat, sind die Kapellen, Eremitorien und der Kreuzweg im Süden der Anlage nicht mehr eingezeichnet. Wiederum scheint die gesamte Anlage in Verfall zu geraten.

Um 1790, während der Regierungszeit des Erzbischofs Hieronymus von Colloredo (1772-1803) erfolgte die letzte durchgreifende Umgestaltung des Gartens. Der sparsame Landesfürst ließ den nord- und südöstlichen Teil der Umfassungsmauer abreißen und einen Park nach englischem Vorbild anlegen. Der von Karl Steinhauser 1803 gezeichnete Plan gibt die neue Situation wieder. Der neuentstandene, etwa dreiecksförmige “Naturpark” mit seinen gesucht unregelmäßigen Wegeführungen steht als krasser Kontrast zur strengen Asymmetrie des alten Bereiches um die Teichanlagen. Dieser Zustand ist, von einigen kleinen Eingriffen abgesehen, im wesentlichen bis heute in Hellbrunn erhalten. 1803, nach dem Reichsdeputationshauptschluß, wurde Salzburg weltliches Fürstentum. Nach österreichisch-französischer und bayrischer Herrschaft wurde es 1816 endgültig und stark verkleinert dem Habsburgischen Österreich einverleibt. Damit gelangte Hellbrunn in den Besitz der Habsburger. 1922 ist Hellbrunn in den Besitz der Stadtgemeinde Salzburg übergegangen, die es bis heute verwaltet.

Die Gesamtanlage von Hellbrunn umfaßt etwa 60 Hektar. Sie ist ca. vier Kilometer südöstlich des Zentrums der Landeshauptstadt Salzburg gelegen. Der Weg von der Stadt nach Hellbrunn führt über die sogenannte Hellbrunner Allee mit ihren mehr als 250 Jahre alten Eichen. Am Weg zur “villa suburbana” des Markus Sittikus befinden sich viele andere Landsitze. Am Ende der Allee ist keine Fortsetzung des Weges mehr erkennbar. Jedoch gelangt man nach einer scharfen Richtungsänderung in die Hauptachse der Schloßzufahrt, die in südwestlicher Richtung abzweigt.

Das Schloß mit seinem Seitenflügel bildet einen Ehrenhof aus. An der nordwestlichen Seite schließt eine ummauerte Fasanerie an. Die Außenanlagen sind der Schloßachse in südöstlicher Richtung vorgelagert. Sie gliedern sich in das sogenannte große Wasserparterre. Es umfaßt einen großen annähernd rechteckigen Teich, in dessen Mitte eine ebenfalls rechteckige Insel liegt, die über Brücken betreten wird. Zu beiden Längsseiten der Teichanlagen befinden sich kleinere Fischteiche. Die Hauptachse weist in südöstlicher Richtung und setzt sich in einer strengen Fichtenallee fort, an deren Endpunkt das Schloß Goldenstein liegt.

Streng geschnittene Baumreihen flankieren heute die Längsseiten der großen Teichanlage und trennen sie von den seitlich liegenden Fischweihern ab. Das sogenannte Monatsschlössl am Hang des Hellbrunner Berges, der bewaldet in südöstlicher Richtung aufragt, bildet einen zweiten Hauptblickpunkt. In nordöstlicher Richtung schließt ein dreieckiger Gartenteil im “englischen Stile” an. Die alte Kastanienallee an seiner östlichen Grenze bildet den Übergang zu weitläufigen Wiesenflächen, die durch alte Baumalleen eingefaßt sind.

Dem sogenannten Wasserparterre ist auch der Bereich des Fürstenweges mit den vielfältigen Wasserkünsten an der Südwestseite des Schlosses zuzuordnen. An den Flanken des Hellbrunner Berges zur Einfassungsmauer hin und im südlichsten Teil der Parkanlage befindet sich der “Hellbrunner Tiergarten”. In diesem Bereich sind in den letzten Jahren viele Änderungen zur Ermöglichung einer artgerechten Tierhaltung vorgenommen worden. Die gesamte Anlage ist von einer Mauer umfaßt.

Tore Richtung Anif, in der Richtung zur Salzach und im Bereich des Haupteinganges ermöglichen das Betreten. Im übertragenen Sinn gilt der Ausdruck “die Wunderkammer des Markus Sittikus” heute in verstärktem Maß für die gartenkünstlerische Vielfalt, die Hellbrunn auszeichnet. Die Gliederung der gesamten Anlage läßt auch heute noch deutlich den manieristischen Grundcharakter erkennen. Das Schloßgebäude und das Monatsschlößchen sind äußerlich im wesentlichen unverändert. Auch der ursprüngliche “hortus conclusus” mit seinen Wasserbecken und der Fürstenweg mit den Wasserkünsten machen nach wie vor diesen Eindruck. Dagegen erscheinen die oft nur dem Fachmann erkennbaren Veränderungen und Hinzufügungen unauffällig und unwesentlich.

Diese Gesamtverträglichkeit mag vielleicht darin begründet sein, daß der ursprüngliche Lustgarten bereits als ein Konglomerat von Zitaten mehrerer Vorbilder anzusprechen ist. Neuere Untersuchungen haben konkrete Bezüge zur Villa Pratolino, zur Villa d’Este in Cerobbio und zur Villa Lante hergestellt. Hellbrunn ist auch eine Fremdenverkehrsattraktion, deren Bedeutung weit über Salzburg hinausreicht.

Im Schnitt 450.000 Besucher pro Saison werden in den Wasserspielen gezählt. Das “Fest in Hellbrunn” war eine wichtige Ergänzung zu den Salzburger Festspielen und Gelegenheit, Feste im Sinne des Bauherrn Markus Sittikus zu feiern. Eine zentrale Frage des in Ausarbeitung befindlichen Parkpflegewerks ist es, die Belastungsgrenzen für einzelne Bereiche festzulegen und zu begründen. Auch für den sogenannten “Englischen Teil des Gartens” sind Strategien für die Zukunft festzulegen, um ein Kontinuum der durch den heute schon alten Baumbestand gebildeten Hochgrünstrukturen zu sichern. Große denkmalpflegerische Sorgfalt wird für die Erhaltung und fachgerechte Restaurierung der umfangreichen Grottenanlagen, der Automaten der Wasserkünste und der zahlreichen Skulpturen aufzuweden sein.


 Der verantwortungsbewußte Umgang mit der reichlich vorhandenen historischen Substanz ist die oberste Forderung für weitere Vorgangsweisen.

Wolfgang Saiko

Literatur Österr. Kunsttopographie, Bd. XI (Wien 1916), S. 163-262. Meinrad Maria Grewenig

Die “Villa Suburbana” Hellbrunn und die frühen Architektonischen Gärten in Salzburg, in : Mitteilungen der Gesellschaft f. Salzburger Landeskunde , Bd. 124, Salzburg 1984, S. 403-466. Franz Anton Danreiter, Salzburger Ansichten Teil 2, Schloß Hellbrunn, hgg. v. Dieter Messner, Dortmund 1982 (Die bibliophilen Taschenbücher Bd. 296).Schloß Hellbrunn, Inventare der Salzburger Burgen und Schlösser, Bd. 2, bearbeitet von Johann Ostermann, hgg. vom Komitee für Salzburger Kulturschätze, Salzburg 1989. Robert Bigler, Schloß Hellbrunn und sein Bauherr Markus Sittikus von Hohenems - eine Neubewertung, Zürich 1993 (Dissertation an der Universität Zürich). Erschienen in: “Historische Gärten in Österreich - Vergessene Gesamtkunstwerke”; herausgegeben von der Österr. Ges. für historische Gärten - Böhlau Verlag

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